Fundgrube
In der Rubrik „Fundgrube“ werden Bücher und Texte aufgenommen, die für Tibetfreunde inte-ressant und nicht leicht zu bekommen sind.
Die erste Rarität ist „Sechs Jungens tippeln zum Himalaja“ von Hans Queling, Frankfurt a.M. 1933. In dem Buch - es ist die Fortsetzung eines Reiseberichts einer Jugendgruppe des Nerother Wandervogels nach Indien im Jahre 1931 - schildert der Autor die Erlebnisse in Indien, die Besuche bei Mahatma Gandhi, bei dem Dichter Rabindranath Tagore, eine Zugfahrt zum Himalaya und den Besuch bei tibetischen Mönchen. Es ist erstaunlich, daß Jugendliche aus dem Nerother Wandervogel bereits in den 20iger und 30iger Jahren auf ihren berühmten „Weltfahrten“ bis nach Indien kamen und auch die tibetische Kultur kennenlernten. Vielleicht ist es möglich, die genauen Orte der Begegnungen mit Tibetern zu erfahren. Sie sind in dem Buch nicht aufgeführt. Der Nerother Wandervogel wurde übrigens von den Nationalsozialisten verboten und verfolgt - der Bundesführer Robert Oelbermann starb im KZ. Die Fotos des Buches stammen von ihm. Wir bringen hier an dieser Stelle in unseren Netzseiten eine Reihe seiner Fotos mit den dazugehörenden Untertiteln. Der Bericht ist ein Aufsehen erregender Fahrtenbericht der dreißiger Jahre, im Stile des Nerother Wandervogels der damaligen Zeit geschrieben. Mahadma Gandhi, der vom Dalai Lama als Mentor angesehen wird, verdient gerade im Hinblick auf den gewaltlosen Freiheitskampf der Tibeter unsere Aufmerksamkeit. Rabindranath Tagore (7. Mai 1861 - 7. August 1941), erster asiatischer Literatur-Nobelpreisträger, ist gleich Mahatma Gandhi eine faszinierende Persönlichkeit. Auf seinen drei Europareisen besuchte er 1921 auch Deutschland. Im Hunsrück begegnete er auf der Burg Waldeck dem Nerother Wandervogel. In dem Buch „Die Waldeck - Lieder, Fahrten, Abenteuer - von 1911 bis heute. Geschichte der Burg Waldeck“, Potsdam 2005 von Hotte Schneider wird über seinen Besuch berichtet.
Fotos aus dem Buch bald verfügbar!
Die zweite Rarität ist ein Lied über den Dalai Lama,
das in der Bündischen Jugend gesungen wird. Weitere Lieder über Tibet und
den Dalai Lama gibt es meines Wissens nicht.
Dalai Lama
Durchs Tor der goldenen Glocke kommt gezogen,
Gott, der große Dalai Lama.
Die gelbe Seide weit über beide Ohren -
liegt im Staube jeder Lama.
Lhasa, Lhasa heute ist der Himmel nah.
Sieh, dein junger Gott kommt aus dem hohen Potala!
Tschiratipa, tschiratipa, tschiratipa, tschiratipa.
Woijewja, woijewja.
Mit Butterlampen, mit Butterpyramiden -
Om mani-i padme hu-um
Ganz Tibet lieget dem Gottkönig zu Füßen -
Om mani-i padme hu-um
Getragen von sechsundreißig Mönchssoldaten,
Tibets König ohne Makel.
Und vor dem Volke, in bunten Maskeraden
tanzt das große Staatsorakel.
Brokate, Weihrauch, Tschinellen, Prozessionen,
und der goldne Himalaya.
Gebetsfahnen von Dächern, von Balkonen
grüßen dich, o Dalai Lama!
Erklärungen zum Dalai Lama-Lied
Dalai Lama: [zu menge]. dalai'
= Ozean (des gelehrten Wissens) und tibetisch bla-ma' = der Obere] das politische
und (neben dem Pantschen-Rinpotsche) religiöse Oberhaupt des tibetanischen
Lamaismus. Großlama des lamaistischen Ordens der Gelbmützen. Der Dalai Lama
gilt als Inkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara und zugleich als die
Reinkarnation seines jeweiligen Vorgängers. Der derzeitige (14.) Dalai Lama
Tenzin Gyatso bekleidet das Amt seit 1940 und lebt seit der chinesischen
Besetzung Tibets im Exil im nordindischen Dharamsala.
Lhasa: (tibet.: ´´Götterstätte´)
Hauptstadt von Tibet, 3700 m ü. M.. Hier steht das Potala-Kloster, der Palast'
des Dalai Lama.
Om mani padme hum: Buddhistische
Gebetszeile, für die vielfältige Übersetzungsvarianten kursieren; bedeutet
ungefähr: „0 Kleinod in der Lotusblüte sitzend)"; gemeint ist Buddha,
der der Legende zufolge aus einer Lotusblüte entsprossen ist gelbe Seide:
Gelb galt in den asiatischen Kulturen als Farbe der Glückseligkeit, des
Ruhmes und der Weisheit; safrangelbe Gewänder waren in China seit dem 3.
Jahrtausend v. Chr. dem Kaiser und den buddhistischen Mönchen vorbehalten.
Butterlampen: („Dipa")
traditionelle tibetanische Lämpchen, die mit ausgelassener Yak-Butter („Ghee")
betrieben werden, einen charakteristischen Geruch verbreiten und außer als
einfache Lichtquelle auch bei allen denkbaren rituellen Anlässen Verwendung
finden. Sie sind meistens aus Messing und sehen aus wie Kelche.
Butterpyramiden: gemeint sind
die traditionellen Skulpturen aus Yak-Butter, die von tibetischen Mönchen
gefertigt werden. Sie können bis zu mehreren Metern hoch werden und zeigen
alle möglichen Götter, Blumen, Tiere oder Muster. Butterskulpturen dienen
als Opfergaben auf Altären und werden bei Festen zur Schau gestellt.
Das Große Staatsorakel: (Nechung)
heidnischer Kriegsgeist, der von dem indischen Meister Padmasambhava unterworfen
und verpflichtet wurde, Tibet zu beschützen. Über ein Medium wird der Geist
vor wichtigen Entscheidungen konsultiert (sein Rat hat sich jedoch nicht
immer als klug erwiesen). Das Staatsorakel hilft auch nach dem Tod des Dalai
Lama oder des Pantschen-Lama das Kind zu finden, in dem der Verstorbene
reinkarniert wurde.
Brokat: edler gemusterter
Stoff; während die Basis meist Seide ist, entsteht das Muster durch die
Verwendung von Metallfäden im Schuß (= als Querfäden beim Weben).
Himalaya: [Sanskrit: Schneewohnung]
schrecklich hohes Gebirge an der Stelle, wo Indien an die eurasische Festlandmasse
angeflanscht wurde. Prominenteste Bewohner: Mr Mount Everest (8872 m ü.
M.) und Mr Yeti (ca. 2,5 m).
Tschinellen: (= Zimbeln) Schlagbecken,
also die runden Dinger, die man in die Hände nimmt und so doll wie möglich
gegeneinander haut, damit es schön laut scheppert. Im Buddhismus spielt
kultische Musik eine große Rolle - bei allen Zeremonien werden Instrumente
verwendet. Neben den Tschinellen gibt es insbesondere den Gyaling (eine
Art Oboe), das Sankha (ein Muschelhorn), das Kangling (Trompete aus menschlichem
Oberschenkelknochen, deren Klang böse Geister vertreibt) die große Trommel
(ruft die Gläubigen zum Gebet) und den mächtigen Radung (bis zu 4 m lange
Trompete mit tiefem durchdringendem Ton, die von mehreren Leuten bedient
werden muß und Kapitän Haddock mal einen Mordsschrecken eingejagt hat).
Worte und Weise: Alo Hamm (trenk)
Quelle: Silberspring I, S. 15f.
Hier die Noten zum Lied.
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung
des Zugvogel Deutscher Fahrtenbund. Das Lied ist auch in einem Liederbuch
der Deutschen Freischar und im Liederbuch CODEX PATOMOMOMENSIS, Hamburg
2007 enthalten.
Herzlichen Dank den Herausgebern Paul Rode und Tim Oliver Becker
im Zauberwald Verlag in Hamburg für die Erlaubnis, das Dalai Lama-Lied und
die Erklärungen aus ihrem Liederbuch CODEX PATOMOMOMENSIS auf den Netzseiten
der TID Hamburg zu veröffentlichen.
Helmut Steckel